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  • AutorenbildSibel Steck

Fast Fashion

Schneller, billiger, besser? Für die Modebranche trifft das nicht zwingend zu und doch verbuchen Fast-Fashion-Giganten wie H&M, Zara oder Primark Milliardenumsätze. Fast-Fashion-Marken greifen Modetrends in einem rasanten Tempo auf, kopieren Laufstegmodelle und verkaufen diese zu niedrigsten Preisen. Doch dabei leidet nicht nur die Qualität des Produkts, das sich schon mal nach zwei, drei Mal tragen in seine Bestandteile auflöst, sondern auch die Hersteller und die Umwelt.


Wer nicht Schritt hält, bleibt auf der Strecke


Fast Fashion bedeutet einerseits, dass ein Kleidungsstück selbst bloß eine kurze Lebensdauer hat, also schnell produziert, angeboten und bald ersetzt wird, und andererseits, dass sich die Kollektionen in kürzester Zeit abwechseln. Sechs bis acht Kollektionen im Jahr sind bei einschlägigen Marken die Norm.

Diese Schnelllebigkeit geht vor allem zu Lasten der produzierenden Betriebe in der Dritten Welt, also der NäherInnen, die am Rande der Erschöpfung in einsturzgefährdeten Fabrikhallen Textilen verarbeiten und das unter extremen Zeitdruck. Und auch zum Nachtteil der Rohstoffanbieter, deren Preise oft massiv gedrückt werden. Der Dokumentarfilm The True Cost (2016) von Andrew Morgan gibt schockierende Einblicke in einen Bereich der Modebranche, der alles andere als glamourös ist.


Was vom Pullover übrig bleibt

Die weltweite Bekleidungsproduktion hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt, was in Deutschland angesichts von jährlich sechzig neuerworbenen Kleidungsstücken pro Kopf nicht weiter verwunderlich ist. Dass hierzulande jedes Kleidungsstück im Schnitt nur vier Mal getragen und dann aussortiert wird, befeuert die Fast-Fashion-Maschinerie und verursacht außerdem eine Menge Altkleider, die schon mal direkt auf dem Müll landen.


Die ökologische Belastung geht aber auch von den Herstellern direkt aus. Günstige Synthetikfasern geben beim Waschen Mikroplastik ins Wasser ab und dass die Baumwollproduktion Unmengen an Wasser erfordert, ist längst kein Geheimnis mehr. Bei 15.000 Litern Wasser, die für ein Kilo Rohbaumwolle benötigt werden, hätten Textilen es verdient, länger getragen zu werden oder getragen werden zu können.


Nachhaltigkeit als Perspektive


In Zeiten von Fridays for Future ist es daher nicht verwunderlich, dass die Fast Fashion in der Kritik steht und sich ein Wertewandel seitens der Konsumenten bemerkbar macht, der den neuen Markt der „Green Fashion“ entstehen lässt. Die Bereitschaft mehr Geld für qualitativ hochwertige, faire und nachhaltige Kleidung auszugeben ist da.


Das Modelabel Hessnatur verfolgt diese Strategie schon seit Langem erfolgreich und setzt sie nicht nur durch seine Produktpalette um, sondern auch am Point of Sale, wie der Frankfurter Concept Store zeigt. Bei dessen Ausstattung wurden ausschließlich nachhaltige Materialien verwendet. Zudem können sich Kunden vor Ort über die Herkunft der angebotenen Ware, Anbauprojekte und soziales Engagement informieren. D


ie individuelle, emotionale Ansprache der Kundschaft wird hier großgeschrieben. Auch das Bodywear-Label Mey setzt deutlich auf verantwortungsbewussten Konsum, definiert sich durch eine faire und nachhaltige Produktion und setzt dabei auf eine langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Herstellern und Baumwoll-Lieferanten. Aber auch da, wo man schlecht ohne künstliche Fasern auskommt, beispielsweise bei der Herstellung von Sport-BHs und Bademoden, gibt es umweltfreundliche Alternativen: Das hochwertige Nylon 6 Garn Econyl wird aus recyceltem Plastik gewonnen. Es heißt umzudenken. Das muss bereits bei den Designern anfangen, denn bis zu neunzig Prozent der Umwelteinflüsse eines Kleidungsstücks werden bereits mit dem Entwurf entschieden.


Vom Ende und Anfang einer Ära


Im Herbst 2019 hat die US-Modekette Forever 21 Insolvenz angemeldet. Dies ist sicher nicht ausschließlich auf die Hinwendung der Kundschaft zu nachhaltigeren und fairen Produkten zurückzuführen, zeigt aber doch, wie sich bei den Millenials und der Generation Z ein Umdenken beim Kaufverhalten abzeichnet. Die Nachhaltigkeitskampagnen anderer Fast-Fashion-Marken, die oftmals als unzureichend, als „Greenwashing“ eingestuft werden müssen, verdeutlichen die Relevanz und Brisanz des Themas.


Der zunehmende Ruf nach Fairness und Nachhaltigkeit in der Modebranche bedeutet jedoch keine Einschränkung der geschäftlichen Tätigkeit, er muss vielmehr als logische Konsequenz der Zeit verstanden werden. Sozialverträgliches und ökologisches Wirtschaften darf nicht als Belastung für Unternehmen aufgefasst werden, sondern als Potential, mit gutem Beispiel voranzugehen, so neue Kunden zu gewinnen und ehemalige Käufer zurückzuholen. Schließlich wollen wir uns doch alle gern im Spiegel ansehen können, insbesondere dann, wenn wir schöne Kleidung tragen.

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