Es gibt verschiedene Aspekte, warum die Wäsche in der Vergangenheit immer ein unbeliebtes Thema in Modehäusern war.
Zum einen sind es die unzähligen Größen, die ein Controlling außerordentlich erschweren und des Weiteren der Fachkräftemangel, der sich mit der Wäsche auskennt.
Denn eines kann man mit Sicherheit sagen; der in der Mode ausgebildete Einkäufer kann vielleicht zur Not noch die Nachtwäsche einkaufen aber da hört es dann auch meistens mit der Kompetenz auf.
Die Wäsche tickt anders: Sie lebt konservativer, verzeiht dir keine Unachtsamkeit und lässt dich das oft stark spüren. Schleichend, aber unterm Strich schwerwiegend.
Das Resultat: Die Wäscheabteilung wird verkleinert oder geschlossen.
Die Begründung: „Wir haben eine höhere Quadratmeterleistung in der Mode.“
Was aber hat uns die Coronasituation gezeigt? Die Wäsche ist und bleibt unser stabiler(er) Partner im Modehaus, wenn sie richtig bewirtschaftet wird.
Ich würde hier gerne die Börse als passendes Beispiel benutzen. Die wirklich erfolgreichen an der Börse à la Warren Buffet setzen auf stabile und zukunftsorientierte Wertpapiere. Hier wird für die nächsten 10 Jahre geplant. Zwar mag die Steigerung jährlich meist konservativer ausfallen, aber der Gewinn ist langfristig immer im grünen Bereich.
Dann gibt es die Masse: Sie kauft heute eine Aktie, verkauft sie morgen. Kauft wieder eine Aktie und verkauft sie sofort, sobald sich eine Krisensituation anbahnt oder die Aktie ins Minus rutscht.
Es gibt keinen einzigen Trader, der damit langfristig erfolgreich wurde. Insgesamt gerechnet, macht er ein Verlustgeschäft.
Mit der Wäsche funktioniert es ähnlich: Es wird investiert, geschult und viel Geld ausgegeben für Umbau und Marketing.
Durch die Verkleinerung oder Schließung der Abteilung bei Misserfolgen, glaubt man aus der Situation heil rauszukommen. Wie lange aber, muss die Mode hier Umsatz machen, damit man mit den zuvor investierten Kosten wieder in ein Break-Even kommt?
Anders allerdings wie bei der Börse, wo man keinen Einfluss auf die Firmen direkt hat, kann man die Wäscheabteilung aktiv bewirtschaften und den Outcome beeinflussen.
Wie führt man eine erfolgreiche Wäscheabteilung?
1- Der Einkauf der Ware darf nicht willkürlich sein, sondern anlehnend an die historischen Werte und der exzellenten, strategischen Weitsichtigkeit der Einkäuferin/des Einkäufers.
Diese Weitsichtigkeit lässt sich nicht auf der eigenen Wäscheabteilung erlangen, sondern aus Marktbeobachtung, Expertenmeinungen/-austausch und Offenheit für Absurdität und Neuem.
2- Die NOS-Pflege ist ein enorm wichtiger Bestandteil einer Wäschefläche. Die ständige Pflege und Kontrolle ist von großer Wichtigkeit, damit Umsätze nicht verschenkt werden.
Leider zeigt unsere Erfahrung, dass gerade dieser Bereich viel zu oft vernachlässigt wird aufgrund von Unwissenheit oder Zeitmangel.
3- Am Ende bringt auch die schönste Ware und Abteilung nichts, wenn das Personal nicht verkaufen kann. Nochmal: Die Wäsche tickt anders als die Mode!
Es bringt nichts, abteilungsübergreifende Verkaufsschulungen zu machen, die den Wäscheverkäufern nicht vermittelt, wie man eine Kundin bedient, die psychologische Hürden hat und sich nicht ausziehen möchte, um einen BH zu probieren.
Eine andere Verkaufsrhetorik ist in der Wäsche gefragt, als in der Schuhabteilung.
4- Exzellente Verhandlungstechniken und gute Kommunikation müssen zum Repertoire des Einkäufers gehören, damit die Zusammenarbeit mit den Lieferanten funktioniert. Gemeint ist hier nicht der Kaffeetratsch, sondern eine konstruktive, enge Zusammenarbeit, damit alle Parteien ein erfolgreiches Geschäft machen können.
So schaut die Zukunft aus
Wir leben in einer Zeit der Geschwindigkeit und sogar extremen Spontanität. Damit die Wäscheabteilung erfolgreich sein kann, muss sie hier genauso mit der Geschwindigkeit mitgehen und spontan arbeiten. Ein Mensch alleine kann das einfach nicht mehr schaffen – außer er macht 24 Stunden lang nichts anderes als sich mit Herzblut der Wäsche zu widmen.
Offenheit für neue Wege sind gefragt, damit der Einkauf in allen Aspekten funktioniert.
Denn es wird diesen klassischen Einkauf nicht mehr geben; wie etwa sich die KER auszudrucken und darauf schauen, was sich denn in den Abteilungen tut. Über vergossene Milch zu reden war vielleicht in der Vergangenheit noch tragbar, die Zukunft allerdings verlangt eine neue Form der Flächensteuerung, die mit den Onlinehändlern mithalten kann.
Das Ziel ist nicht die Ausweitung des Personals, sondern die Konzentration in Experten, die die Möglichkeit hat, digitale und intelligente Mittel für die Flächensteuerung zu verwenden – weg von den klassischen Warenwirtschaftssystemen aus der letzten Generation.