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  • AutorenbildSibel Steck

Spagat als Kür: Vertikalisierung im Handel

In Zeiten, in denen das Angebot auf dem deutschen Markt immer differenzierter wird, verschärft sich der Wettbewerb ungemein. Eine Vielzahl von nationalen wie auch internationalen Marken – etablierten und auch solchen, die hierzulande erst Fuß fassen wollen – buhlen um die Gunst der Käuferschaft. Die Textilbranche bleibt da keine Ausnahme. Manch einer gibt dabei eine bessere Figur ab als der andere. Die Preisrichter würden wohl solchen Unternehmen und Marken die besten Haltungsnoten ausstellen, die den diffizilen Spagat der Vertikalisierung am besten meistern.


Viele Wege führen in die Vertikale

Vertikalisierung gehört zu den Begriffen, die es in sich haben. Spricht man vom Aufbau vertikaler Bindungen, dann geht es darum, dass sich verschiedene Akteure innerhalb einer Wertschöpfungskette durch vertragliche Arrangements aneinanderbinden, um langfristig zu kooperieren. Übernimmt ein Unternehmen dagegen selbst mehrere Schritte der Fertigung und Distribution nennt man dies vertikale Integration. Beides dient der Effizienzsteigerung und der Kostensenkung. Dabei sind verschiedene Szenarien denkbar: Der Lieferant von Rohstoffen oder auch Fertigteilen, der einen festen Deal mit einem Hersteller hat, aber auch der Zulieferer, der fertige Produkte vertreibt, und von konkreten vertikalen Bindungen zum Handel profitiert. Der Aufbau einer geschäftlichen Partnerschaft schafft Sicherheit durch Vertrauen und gegenseitige Kenntnis. Für Hersteller kann die vertikale Integration wiederum die eigene Verarbeitung von Rohstoffe bedeuten oder aber den Direktvertrieb des eigenen Produkts. All dies ist möglich und noch vieles mehr.


Nah am Kunden: Zauberwort Direktvertrieb

Zukünftig wird der Schritt hin zur vertikalen Integration für viele Hersteller und Marken sicher mehr als nur eine Überlegung wert sein, um auf dem Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Insbesondere der Einstieg in den Direktvertrieb bietet unzählige Vorteile, wie Preishoheit, bessere Marge sowie die Optimierung des Auftritts der Marke. Gerade letzteres ist essentiell, um an einem unverwechselbaren Image zu arbeiten, sich gegebenenfalls in Nischen zu platzieren und sich somit von Wettbewerbern abzuheben. Langfristig stärkt dies den Markennamen. Am wichtigsten ist jedoch, sich als Marke mehr auf den Endkunden zu konzentrieren. Unmittelbarer Kundenkontakt ermöglicht es den Unternehmen, besser auf die Bedürfnisse der Käufer einzugehen, Services passgenau anzubieten und dadurch auch das Einkaufserlebnis zu verbessern und die Marke für ihn attraktiver zu machen. Stichwort Stammkundschaft!


Von Monolabel-Stores und Untermarken

Die augenscheinlichste Strategie des Direktvertriebs ist wohl die Eröffnung eigener Filialen oder Flagship-Stores, in denen Kunden die Waren entsprechend der Unternehmensphilosophie präsentiert bekommen. Ein Markenname mit einem prägnanten Image, welches auf einer starken Corporate Identity beruht, ist Voraussetzung für einen sicheren Auftritt. Eine Alternative ist zudem der Verkauf der eigenen Produkte über Onlineshops. Eine Stufe kleiner gedacht können auch Shops-in-Shops, Flächenpartnerschaften in Kaufhäusern oder ein Franchise-System zu einem wiedererkennbaren Markenauftritt verhelfen. Als Beispiel wäre das vertikale Franchise-System, das sich Benetton aufgebaut hat, zu nennen. C&A setzt dagegen auf ein anderes Pferd: Eigenmarken. Die Schaffung von zusätzlichen, exklusiven Untermarken, die nur direkt vertrieben werden, bieten neben der Abrundung des eigenen Markenprofils einen essentiellen Vorteil. Durch sie steht das Unternehmen nicht in direkter Preiskonkurrenz zu den traditionellen Abnehmern. Dies ist nicht irrelevant, denn nicht viele Marken sind für Händler so attraktiv, dass auf sie nicht verzichtet werden kann. Mit Untermarken verprellt man als Marke seine Handelspartner nicht durch eigene Direktvertriebsambitionen.


Die Kür

Die oben genannten Ansätze mögen teilweise konträr erscheinen, sind es hier und da vielleicht auch, aber genau darum gilt es, das Thema Vertikalisierung möglichst von vielen Perspektiven aus zu betrachten und für sein Unternehmen, seine Marke den geeignetsten Weg zu finden. Oft kann auch eine Kombination aus mehreren Ansätzen die Lösung sein. Es gilt pluralistisch zu denken, da sonst die Gefahr besteht, dass mit bisherigen notwendigen Geschäftspartnern auch Umsätze wegbrechen. Es gilt sich also vorher gut und ausgiebig zu dehnen, bevor man in den Spagat geht – dann kann auch nichts schiefgehen.

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